Werners «Rund um Clapotis»

57. Canigou

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Werners Wanderführer 'Rund um Clapotis' auf http://werner-eckhardt.de
Enfernung vom Clapotis: 100 km
Dauer der Wanderung: 5 Std.
Zuletzt überarbeitet: 26.08.2012

Einführung

Für den Autor ist ein jahrelanger Traum wahr geworden: der Canigou ist erstiegen! Und jeder kann es nachmachen, wenn das Wetter mitspielt. Vor allem: die hartnäckigen Gerüchte, daß man den Ausgangspunkt nur mit Geländewagen erreichen kann, wurden widerlegt. Die 20 Kilometer lange, nicht asphaltierte Forststraße durch die Gorges du Llech zum Chalet des Cortalets, die einen fast 2000 Meter in die Höhe bringt, ist zwar holperig, aber mit jedem normalen PKW zu schaffen. Die hauptsächliche Schwierigkeit sind unzählige, teils recht tiefe, quer zur Fahrtrichtung verlaufende Bodenwellen. Aber bei vorsichtiger, langsamer Fahrweise sind sie zu überwinden, ohne daß das Fahrzeug leidet. Und wer das ganz sicher vermeiden will, kann sich mit Geländewagen auf den Berg fahren lassen, z.B. von der Firma Colas in Ria-Sirach westlich von Prades. Es ist nicht erlaubt, die Straße mit einem Wohnmobil zu befahren; technisch wäre es kein Problem.
Die Ersteigung des Canigou ist kein Spaziergang, sondern eine richtige Bergwanderung. 600 Höhenmeter sind zu überwinden, aber es gibt nur wenige steile Anstiege und kaum technische Schwierigkeiten, die Orientierung macht keine Probleme. Es sollte nur besser kein Schnee liegen, was noch im Juni und schon im Oktober der Fall sein kann. Aber das kann man ja aus dem Tal sehen, und dann sollte man die Hände oder besser die Füße vom Canigou lassen, wenn man nicht über einschlägige alpine Erfahrung und ggf. Ausrüstung verfügt. Die beschriebene Rundwanderung mit Aufstieg über die Crête du Barbet beinhaltet einen zwischenzeitlichen Wiederabstieg von ca. 100 Höhenmetern und eine ordentliche Felskletterei. Wenn man diese beiden zusätzlichen „Schikanen“ vermeiden will, kann man den Aufstieg auf der für den Abstieg beschriebenen Route machen. Sonst muß man mit 4 bis 5 Stunden rechnen. Karte: IGN 2349 ET.

Hinfahrt

Auf der N 9 (D 6009/D 900)/A 9 nach Perpignan (-Sud), dort auf die N 116 Richtung Andorra. Unmittelbar vor Prades am ersten Kreisverkehr nach links auf die D 24b nach Villerach. Und dort endet der Asphalt (bis auf wenige kurze Stücke), siehe oben. Früher konnte man ganz bis zum Chalet des Cortalets [1] hochfahren, heute muß man weiter unterhalb parken. Von Clapotis ziemlich genau 100 km.

Wegbeschreibung

Seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wuchs der Tourismus (ein Begriff, den man bis dahin gar nicht kannte) am Canigou. In der Sektion „Canigou“ des Club Alpin Français (CAF) wurde die Notwendigkeit einer bewirtschafteten Hütte im Massiv bald erkannt. Jahrzehntelang diskutierte man, welcher Ort dafür geeignet sei. 1896 kam der damals amtierende nationale Präsident des CAF, Charles Durier, eigens von Paris angereist, und befand den Clot des Estanyols, oberhalb vom Col des Cortalets, für geeignet. Ende 1898 begann der Bau unter Leitung von Edmond Boixo, Mineningenieur aus Vernet-les-Bains. Am 4. September 1899 wurde das Chalet des Cortalets im Rahmen einer Feier eingeweiht, bei der mehr als 100 Repräsentanten des CAF aus ganz Frankreich sowie Honoratioren aus der Region anwesend waren. Nach mehreren Umbauten im Laufe der Jahre wurde das Chalet in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts deutlich erweitert und eine gesicherte Trinkwasserversorgung geschaffen. Während der Nazibesatzung war das Chalet des Cortalets zeitweise ein Versteck von Résistance-Kämpfern, das die Gestapo aber bald aushob und die Gebäude im Juli 1944 niederbrannte. Sofort nach Kriegsende wurde das Chalet wieder aufgebaut. Die letzten größeren Umbauten erfolgten 1985.
Nicht wie die meisten Wanderer dem breiten Weg folgen, der vor der Hütte nach rechts geht, sondern links hinter den Gebäuden einen Pfad suchen, der links vom Berggrat durch den Wald aufwärts führt. Er ist mit gelben und anfangs mit den weiß-roten Wanderzeichen einer Variante des GR 10 markiert. An einer Abzweigung [2] nach 350 Metern weisen die weiß-roten Zeichen nach links, man folgt rechts den gelben und einem Wegweiser „Barbet“, 40 m weiter bei unleserlichen Wegweisern hält man sich links. Lange geht’s im Wald bergauf, schließlich [3] läßt man die letzten Bäume hinter sich und hat beim weiteren Aufstieg auf die Crête du Barbet herrliche Blicke in alle Richtungen. Vor dem zweithöchsten Gipfel dieses Bergzuges wechselt man mit einem Paß [4] von der Nordwest- auf die Südostseite des Grats, der Weg führt dann rasch in der Bergflanke abwärts. Man erreicht den flachen Paß Porteille de Valmanya [5]. Dort folgt man weder den gelben Zeichen nach links oder geht rechts, sondern geradeaus den Hang einige Meter hinunter, wo man einen Pfad erkennt und erreicht, der zuerst in einigen kleinen Kehren in der Bergflanke hinabführt, dann waagrecht in ihr verläuft und schließlich mehr und mehr ansteigt. Anfangs ist er wohl von Bergrutschen verschüttet worden, bald ist er deutlicher und bekommt gelbe Wanderzeichen. Je höher er führt, desto felsiger wird er, und dann steht man schließlich vor einem scheinbar unüberwindlichen Hindernis: der Felsklamm Brèche Durier, die man jetzt hinaufklettern muß, auch Cheminée (Kamin) genannt. Am Ende des 19. Jahrhunderts galt diese Klamm als zu gefährlich, weshalb sie am 19. August 1896 von Edmond Boixo mit Dynamit „entschärft“ wurde (bei dieser Gelegenheit benannte man sie nach dem Präsident des CAF, Charles Durier – s.o.). Vermutlich aufgrund dieser Sprengungen ist sie gar nicht so schwer zu überwinden, man muß kein Freeclimber sein, um da hoch zu kommen. Und dann steht man ganz plötzlich auf dem Gipfel des Pic du Canigou [6], 2.784 Meter über Meeresspiegel! Auch für erfahrene Gipfelstürmer ist das 360°-Panorama atemberaubend, wenn man das Glück eines klaren Tages hat und auf dem Gipfel ist, bevor sich hier mittags (meistens) Wolken ansammeln.
Der Abstieg beginnt mit gelben Zeichen nach Norden. Zunächst geht es in Serpentinen abwärts, dann etwas flacher in Richtung auf den Nebengipfel Pic Joffre und schließlich in dessen Flanke weiter. An einem Paß mit einem großen Steinmännchen [7] weisen die gelben Zeichen nach rechts, der Autor hat sie hier aber verloren. Das macht aber nichts. Wem es genauso geht, der steigt einfach ohne Weg in Richtung auf den linken von zwei kleinen Bergseen und das dahinter liegende Chalet des Cortalets ab. Dann orientiert man sich in diesem offenen und übersichtlichen Gelände nach links unten auf einen grün bewachsenen Paß oberhalb des Sees zu. Oberhalb dieses Passes stößt man auf einen Weg [8], es ist der weiß-rot markierte GR 10, und gelbe Wanderzeichen gibt es auch. Der Weg führt in weiten Bögen hinunter in das Tal, dann um den See herum und schließlich zum Ausgangspunkt der Wanderung.

Wegpunkte

[1]: 31 T 456047 4709251, [2]: 31 T 456252 4709029, [3]: 31 T 456541 4708439,
[4]: 31 T 455981 4707425, [5]: 31 T 455777 4707012, [6]: 31 T 455351 4707547,
[7]: 31 T 455203 4708594, [8]: 31 T 455433 4709103.

Routenplan

Track


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